Hohes Blau

Was auf der Karte recht nah erscheint, dauert mit dem Rad gut und gerne – wörtlich zu nehmen – zwei Tage. An einem ruhigem Rastplatz haute ich mein Zelt aufs Hundeareal, was von allem noch am besten sichtgeschützt war. Mount Shasta lag mittlerweile gut sichtbar hinter mir und beschwerte mir schon so etwas wie Nostalgie.20170617_08562320170616_180330

In Klammath Falls musste ich mich um Strom und Gas kümmern und ergatterte bei der Gelegenheit eine günstige kurze Hose, die schnell die bequemste Radhose wurde, die ich (auch jetzt noch) habe und nutze. Erst nach Mittag verließ ich den Ort und strampelte durch perverse Hitze den schmalen Seitenstreifen der 97 gen Norden und Crater Lake National Park.20170617_11233020170618_133651

Die Straße war ziemlich gefährlich und die Rastmöglichkeiten mager, bis ich an einen Platz mit Teich kam, auf dem eine voluminöse Trailer-Trash Familie (lies: Flodders) in ebenso runden Reifen, biertrinkend in der Sonne trieb. Ich dachte kurz an Wallie, sprang kurz in kalte Nass, auch wenn ich gerne früh Feierabend gemacht hätte, blieb ich nicht und schwang mich wieder aufs Rad, als ein Typ, etwas älter als ich, in seinem Truck hielt und mir anbot mich ein Stück mitzunehmen.

Nur bis zur Abfahrt zum Südeingang vom Crater Lake National Park“, sagte ich dankend. Die war keine 15km mehr entfernt. Dort würde ich einen Platz fürs Zelt finden und könnte so ich endlich seit Hawaii eine Pause einlegen. Doch, wir unterhielten uns gut, verpassten die Ausfahrt und so ließ mich Jason weitere 30km später an der nächsten Abfahrt raus, welche zum Nordeingang führt.20170618_162234

Ich stand eine Weile da, nachdem wir ein Malzbier getrunken und er abgefahren war, und ließ die Straße vor mir auf mich wirken. Sie flößte mir keine allzu große Motivation ein, aber da alles warten nichts half, fuhr ich los. Es waren am Ende nur gut 30km, an deren Ende schließlich Diamond Lake mit Campground und tonnenweise Mücken lag.20170619_134529

Ich erreichte den Platz nachdem die Ranger Feierabend gemacht hatten und bekam so eine Nacht gratis. Ich hatte gar nicht daran gedacht, aber meine Platznachbarn machten mich darauf aufmerksam, dass es hier Duschen gäbe. Ich brauchte dringend eine. Es war ein Fest und die Mücken anschließend auch deutlich weniger aufdringlich.20170619_140337

Ich wollte natürlich zum Crater Lake, doch ich erfuhr, dass der Nordeingang wegen Schnee noch geschlossen war. Plötzlich erschien die Mitfahrgelegenheit in einem anderem Licht. Ich beschloss einen Tag zu bleiben, mich um Rad und Ausrüstung zu kümmern – ich konnte sogar Wäsche waschen – und mich am Abend nach dem neusten Stand der Straße zu erkundigen. Diese war vom Schnee geräumt, aber noch nicht freigegeben.20170620_103901

Früh am nächsten Morgen stand ich dann vor der Schranke, die den Nationalpark vom Rest abtrennte, schob mein Rad und mich drunter durch und radelte bergauf zum Kraterrand. Unterwegs hielt mich eine Rangerin an, ließ mich aber ohne Murren weiterfahren. Gute zwei Stunden später, mehrte sich der Schnee in der Landschaft und ich war da. Ich war ganz allein hier oben, stapfte das kurze Stück zum Aussichtspunkt und ließ meine Kinnlade bis auf den Boden klappen.20170620_11550820170620_12064220170620_122054

Ich weiß nicht wie lange ich da stand und versuchte den Anblick zu (be-)greifen. Dann blieb ich noch was länger, sog den stahlblauen See tief in mein Gedächtnis und fuhr dann wieder weiter, den Weg, den ich gekommen war bis zur 97.